Game of Thrones: A Game for One Race

Es gibt wohl im Moment keine zweite Serie im Fernsehen, die dermaßen viel Aufmerksamkeit erhält wie „Game of Thrones“. Fans dieses US-Hits verteilen sich über den gesamten Erdball und obgleich die Serie an diversen Orten in Westeros spielt, die teilweise durch Wassermassen getrennt sind, fehlt es der Serie dennoch augenscheinlich an einem: Diversity beim Cast.
Diese Beobachtung ist keine Neue, denn schon seit einigen Jahren werden die Stimmen lauter, die darauf hinweisen, dass die TV-Show „too white“ sei und andere Ethnien lediglich als Supporting Cast und dann lediglich in Form von stereotypen Rollen auftauchen. Gibt es dafür jedoch sogar einen plausiblen Grund?

Diversität im mittelalterlichen Westeros

Die Serie „Game of Thrones“ basiert auf den gleichnamigen Büchern des Fantasy-Autors George R.R. Martin. Dieser nahm sich das mittelalterliche England zum Vorbild und stellte auch auf Nachfrage von Fans diesbezüglich fest:

„Westeros around 300 AC is nowhere near as diverse as 21st century America, of course… but with that being said, I do have some ‚characters of color‘ who will have somewhat larger roles in WINDS OF WINTER. Admittedly, these are secondary and tertiary characters, though not without importance…

„Well, Westeros is the fantasy analogue of the British Isles in its world, so it is a long long way from the Asia analogue. There weren’t a lot of Asians in Yorkish England either.“

SDCC 2014 - Friday - Game of Thrones

Die Antwort von Martin erscheint im ersten Moment plausibel, schließlich gab es im mittelalterlichen England keinesfalls die heute vorherrschende Diversität, sodass der vorwiegend weiße Cast realistisch erscheinen mag. Allerdings kann auch die Frage gestellt werden, inwieweit „Realismus“ in Fragen der Diversität notwendig sei, insbesondere vor dem Hintergrund, dass in Martins Büchern Drachen zum Leben erweckt werden, weiße Wanderer durch die ewige Kälte streifen oder Daenerys Targaryen immun gegen Feuer zu sein scheint.
Demgemäß ist historischer Realismus keinesfalls ein Merkmal, an welchem „Game of Thrones“ erkennbar ist, viel mehr muss sogar festgestellt werden, dass die unrealistischen Elemente wie die Drachen zum Erfolg der Serie beitragen. Ein weiteres Beispiel wäre die Diskussion nach dem Tod von Jon Snow, der im Netz zu Spekulationen führte, ob dieser denn tatsächlich tot wäre oder nicht doch auferstehen könnte. Kritik bezüglich des fehlenden Realismus falls Snow auferstehen würde? Fehlanzeige.
Demnach lässt sich feststellen, dass durchaus Raum für mehr Diversität vorhanden wäre, denn Westeros mag zwar nicht multikulturell angelegt sein, jedoch ist Westeros eben eine Kreation des Autors, sodass problemlos ein diverses Westeros entstehen hätte können.
Dies soll jedoch keineswegs eine Verurteilung von George R.R. Martin persönlich sein, denn dieser erschuf diese Welt in seinen Gedanken voraussichtlich nicht beabsichtigt als eine weiße Welt, um den Rest der Menschen auszuschließen. Viel mehr steht Martin stellvertretend für die immer noch vorherrschende Sicht des weißen Mannes, der diese mittelalterähnliche Welt selbstverständlich als eine zutiefst weiße kreiert.

Obwohl Martin die Vorlage für die TV-Serie lieferte und sich die Macher der Serie an den Büchern orientierten, hatten diese die Möglichkeit, der fehlenden Diversität entgegenzuwirken, schließlich wichen und weichen viele Handlungsstränge in der Serie von der Buchvorlage ab. Doch diese entschieden sich auch dazu, sich am „medieval england“ zu orientieren. Sowohl Martin als auch die Serienmacher sehen sich in der Diskussion um die Diversität der Show nicht als Erschaffer der von ihnen gezeichneten Welt, sondern verstehen sich als Spielball der Welt, die nur wenig Einfluss auf die Diversität nehmen können.

Nun kann angeführt werden, dass weiße Wanderer, Auferstehung von den Toten sowie Drachen klassische Fantasy-Elemente darstellen, daher berechtigt auftauchen und der Vergleich mit der fehlenden Diversität hinkt. Allerdings lassen sich zahlreiche weitere Beispiele finden, weshalb Westeros eben nicht das mittelalterliche Englands abbildet. Die Größe der Sieben Königreiche sowie der Mauer erscheinen historisch fragwürdig, das 5300 Jahre andauernde Mittelalter entbehrt jeglicher Logik und wie konnten die Menschen den Winter überleben, der eine Generation lang anhielt?

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Diversität: Erfolgshemmnis?

Diese Aufzählung soll keinesfalls diese Dinge anprangern, denn an diesen Elementen stört sich kaum einer, ganz im Gegenteil machen diese Faktoren den Erfolg der Serie mit aus. Doch wäre die Serie weniger erfolgreich, wenn die Lannisters von schwarzen Darstellern verkörpert worden wären? Weder ein Ja noch ein Nein erscheinen eine zufriedenstellende Antwort zu sein. Gehen wir davon aus, dass schwarze Lannisters kein Erfolgshemmnis darstellen würden, dann bleibt die einfache Frage, warum dann eine solche Besetzung nicht vorgenommen worden ist. Wenn wir andererseits davon ausgehen, dass schwarze  Lannisters tatsächlich ein Erfolgshemmnis darstellen, dann lässt sich faktisch feststellen, dass die Macher aus rassistischen Motiven auf eine solche Besetzung verzichteten.
Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass Game of Thrones keine Geschichtsstunde, sondern eine zeitgenössische Show für das heutige Publikum darstellt. Folglich wäre auch eine erhöhte Diversität wünschenswert und vor allem problemlos durchführbar. Denn an fähigen Schauspielern dafür mangelt es ganz gewiss nicht, wenn man bedenkt, dass beispielsweise Oscrapreisträgerin Lupita Nyong’o in einem Interview offen verrät, dass es ihr größter Wunsch wäre bei Game of Thrones mitzuspielen.